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WB LFS Kleßheim Gutshof

Wettbewerbsteilnahme

BESTANSANALYSE UND ENTWURFSANSATZ

 

Der bestehende Baukörper bildet städtebaulich einerseits einen Hof mit den Wirtschaftsgebäuden, andererseits definiert er die Straßenflucht der Kleßheimerstraße.

Die Substanz wurde im Lauf der Jahrzehnte immer wieder stark verändert und umgebaut. Der ehemals hölzerne Stadel tritt als gemauerte Struktur in Erscheinung und lässt sich an der Straßenfront kaum mehr ablesen. Viele Zierelemente wurden offensichtlich später hinzugefügt, Raumgrößen verändert und Garagen eingebaut.

Während die städtebauliche Anordnung und die äußere Erscheinung des Bestandes als äußerst positiv beurteilt werden, kommt es aus unserer Sicht zu einem inhaltlichen Dilemma. Die Kubatur des Bestandsgebäudes ist deutlich größer als das geforderte Raumprogramm.


  • Die Struktur des Bestands mit Lochfassade und eher geschlossenem Volumen widerspricht der angestrebten Offenheit und Transparenz

  • Die Position des Schlachtbetriebs an der Straßenfront wird kritisch hinterfragt

  • Die Raumstruktur im Bestand muss stark verändert werden, um den Anforderungen an Funktionalität und Hygiene gerecht zu werden

 

Bleibt letzten Endes nur die Außenhülle des Bestandes übrig, stellt sich für uns die Frage nach einem Totalabbruch und Neubau. Auf einem leeren Bauplatz ergeben sich viele neue Möglichkeiten bei gleicher städtebaulicher Grundanordnung und besserer Wirtschaftlichkeit.

 


STÄDTEBAU

 

Das Bestandsgebäude wird nach reiflicher Überlegung vollständig abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Die städtebauliche Grundanordnung mit Hofbildung zu den Wirtschaftgebäuden und Gassenbildung zur Tourismusschule wird beim Neubau wieder aufgenommen. Gestalterisch soll das Gebäude einen Konnex zwischen LFS und Tourismusschule herstellen. Das Gebäude kommuniziert mit seiner Umgebung und ist zugleich Bildungszentrum, Schaubetrieb und Produktionsstätte. Durch große Schaufenster entstehen Blickbeziehungen zwischen öffentlichem Raum und Lebensmittelverarbeitung. Eine Durchwegung des Wirtschaftshofes ermöglicht Einblicke in alle Herstellungsschritte.

 


FUNKTIONEN

 

Im Erdgeschoß werden die Verarbeitungs- und Verkaufsräume untergebracht, im Obergeschoß die Bildungsräume sowie eine Dienstwohnung. Das Raumprogramm ist auf das Minimum reduziert und die Funktionsblöcke in idealer Position angeordnet. Obst- und Milchverarbeitung, sowie der Hofladen, sind straßenseitig angeordnet, der Schlachtbetrieb liegt weniger prominent im abgewandten Gebäudeschenkel.

Die zentralen Entwurfsgedanken bleiben das Definieren einer Straßenfront mit Schaufenstern und der Austausch zwischen Schule und öffentlichem Raum.

Obst- und Honigverarbeitung, sowie die Milchverarbeitung werden an der Kleßheimerstraße angeordnet und bilden eine „Gustiermeile“ mit Einblick in die Verarbeitungsräume. Der Weg führt am Hofladen vorbei, der dem Standort mit Gastgarten und Verkostungsraum große Strahlkraft und regionale Bedeutung verleiht.

Die Schaumetzgerei liegt im der Straße abgewandten Gebäudeschenkel, wobei auch hier Einblicke für Interessierte gewährt werden. Durch die weniger exponierte Position des Schlachtbetriebes erhoffen wir uns feinfühlige Sensibilisierung, statt unvermittelter Konfrontation. Das Gebäude soll als „Offenes Haus“ den Dialog fördern und Schüler, regionale Produzenten, Konsumenten und Exkursionsteilnehmer an einem Ort zusammenführen.

 


ABLÄUFE UND HYGIENEKONZEPT


Erdgeschoß

Fleischverarbeitung: Dieser Funktionsblock funktioniert vollkommen eigenständig und hat keine innere Verbindung zu anderen Funktionseinheiten. Das Lebendvieh wird über den Wirtschaftshof zum Treibgang und von dort in den Schlachtraum geführt. Mitarbeiter und Schüler betreten den Gebäudeteil über die Hygieneschleuse, die den Schlachtraum vom Verarbeitungsraum trennt. Das Fleisch gelangt über Rohrbahnen vom Schlachtraum in die Kühlräume und weiter in den Verarbeitungsraum. Schlachtabfälle und fertige Produkte werden in den jeweiligen gekühlten Lagerräumen bis zur Abholung aufbewahrt.

Obst- und Milchverarbeitung: Obst- und Milchverarbeitung teilen sich eine Hygieneschleuse, welche den Verkaufsbereich vom Verarbeitungsbereich trennt.  Ansonsten gibt es eine klare Trennung der beiden Produktionsräume. Die Position des Obstverarbeitungsraumes ermöglicht die Anlieferung mit dem Hoflader über den Wirtschaftshof. Fertige Obst- und Milchprodukte gelangen über einen internen Gang mit Durchreiche zum Lagerraum, welcher auch von außen durch externe Lieferanten bestückt werden kann. Hier wurde darauf geachtet, dass kein Durchgang vom Verkaufsraum (unrein) in den Milchverarbeitungsbereich (rein) möglich ist.

Verkauf und Verkostung: Vom Lager gelangen die Produkte zwischenzeitlich in den Vermarktungsraum, wo unter anderem verpackt und etikettiert wird. Daran angeschlossen befindet sich der Hofladen mit zweigeschoßigem Verkostungsraum und vorgelagertem Gastgarten.


Obergeschoß

Im Obergeschoß befindet sich in erster Linie der Theoriebereich mit Unterrichtsräumen, Sozialraum und dem Binderaum. Eine Dienstwohnung mit externem Zugang und Terrasse befindet sich ebenfalls im Obergeschoß.

Die Unterrichtsräume sind so konzipiert, dass sie miteinander gekoppelt und dadurch flexibler für unterschiedlich große Schüler*innengruppen verwendet werden können. Einblicke in den Verkostungsraum eröffnen die Perspektive von oben auf das Geschehen. Dadurch sollen Theorie und Praxis, Schulbetrieb und Kundenverkehr miteinander verschmelzen und das Gebäude sich in jede Richtung öffnen.

Oberhalb des Schlachtraums und der Fleischverarbeitung entsteht durch die Überhöhe dieser Räume eine höhenversetzte Dachterrasse, die als direkter Freibereich der Gartenbauschule aktiviert und mit Hochbeeten ausgestattet wird. Somit gibt es einen Dachgarten, einen Hortus Conclusus, der auf kürzestem Weg vom Binderaum aus erreichbar ist, und als geschützter Außenraum auch für frostempfindlichere und wärmeliebende Pflanzen geeignet ist. Die Dachterrasse ist über eine Sitzstufenanlage erreichbar und kann von allen Schülern der LFS als attraktiver Pausenbereich genutzt werden.



ARCHITEKTUR UND MATERIAL


Der Sockel wird als Massivbau aus Stahlbetonfertigteilen errichtet, um den hygienischen Ansprüchen gerecht zu werden. Leicht zu reinigende Oberflächen kommen in den Verarbeitungsräumen zum Einsatz, während im Verkaufs- und Verkostungsraum auf ein freundliches, einladendes Ambiente mit viel Holz gesetzt wird.

Das Obergeschoß mit den Theorieräumen und der Dienstwohnung wird als Holzbau auf das Sockelgeschoß gesetzt und innen, wie auch außen, der Werkstoff Holz für die Sichtoberflächen verwendet. Die Fassade wird mit einer vertikalen Lattung gestaltet. Lamellen werden partiell als Filterschicht eingesetzt, wo nur ein partieller Einblick gewünscht bzw. notwendig ist.

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